Vegan und gesund? – Risiken und Mythen um den Veganismus
Ist vegan leben gesund? Die Antwort ist nicht ganz so einfach
Vegan leben liegt im Trend. Laut einer Umfrage bezeichnen sich mittlerweile deutlich über eine Million Menschen in Deutschland als Veganer. Damit hat sich die Zahl seit 2008 mehr als verhundertfacht. Das Thema Veganismus spaltet und polarisiert dabei wie kaum ein anderes.
Während viele Veganer sich als Vorreiter einer neuen ökologischen Bewegung verstehen, werden andere wiederum von der teilweise missionarisch anmutenden Attitüde einiger Veganer abgeschreckt und fühlen sich ob ihres Fleischkonsums verurteilt.
Ein Argument, das ironischerweise von beiden Seiten für bzw. gegen den Veganismus ins Feld geführt wird, ist das Thema Gesundheit. Genau hier besteht noch ein großes Aufklärungspotential.
Ist bei Veganern das Risiko für Mangelerscheinungen erhöht?
Wer komplett auf tierische Produkte verzichtet, ist laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) einem höheren Risiko für Mangelerscheinungen ausgesetzt. Dies betrifft vor allem eine Reihe kritischer Nährstoffe wie Vitamin B12, Eisen oder Jod, da diese Stoffe entweder zum größten Teil nur über tierische Produkte aufgenommen werden können oder sie aus pflanzlichen Quellen nicht dieselbe Bioverfügbarkeit für den Körper haben wie aus tierischen.
In der Folge bestehen für Veganer unter Umständen einige nicht unerhebliche Gesundheitsrisiken, falls einem Mangel nicht durch Maßnahmen wie Nahrungsergänzungsmittel oder eine strikt durchgeplante Ernährung begegnet wird.
Veganismus: Uneinigkeit bei Ernährungsgesellschaften
Interessant ist, dass verschiedene Ernährungsgesellschaften und -institute offenbar unterschiedliche Positionen vertreten, wenn es um die Gesundheitsaspekte des Veganismus geht. Während die Deutsche DGE eine eher warnende Stellung einnimmt und Risiken hervorhebt, sehen die Äquivalente in anderen Ländern die Situation weniger kritisch.
Laut der amerikanischen Academy of Nutrition and Dietetics etwa ist eine vollwertige Ernährung für Veganer möglich, sofern diese gut geplant ist. Ähnlich sehen es Institute anderer Länder wie Australien und Großbritannien. Selbst innerhalb Deutschlands gibt es weniger kritische Stimmen wie etwa beim Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB).
Es gibt offenbar sogar Aspekte, in denen eine vegane Ernährung echte gesundheitliche Vorteile bringen kann: Eine Auswertung mehrerer Studien und Meta-Analysen durch den UGB kommt etwa zum Schluss, dass Veganer unterdurchschnittlich häufig unter Diabetes und Herzkrankheiten zu leiden haben und sich über ein niedrigeres Risiko für bestimmte Krebsarten freuen dürfen.
Vegan in der Schwangerschaft: Besonderes Augenmerk auf werdende Mütter
Ein Punkt, der besonders von der DGE, aber auch von anderen Ernährungsgesellschaften deutlich hervorgehoben wird, sind die potentiellen Risiken, die werdende Mütter und Heranwachsende bei einer veganen Ernährung tragen können. DGE-Präsident Helmut Heseker äußerte sich dabei gegenüber dem Deutschlandfunk folgendermaßen: „Ein Problem sind Gruppen mit besonders hohem Nährstoff-Bedarf wie Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, Stillende. Dort raten wir davon ab, sich vegan zu ernähren. Weil das Risiko eines Mangels mit dauerhaften Folgen einfach zu groß erscheint“.
Laut einer Studie des Bundesamts für Risikobewertung (BfR) entscheiden sich jedoch viele vegane Mütter auch oder gerade während der Schwangerschaft für eine strikt vegane Ernährung.
Veganer: Bewusstsein um Gefahren oft gut ausgeprägt
Trotz der auf den ersten Blick offensichtlichen Risiken kommt das BfR aber auch zu folgender Bewertung: Veganer seien statistisch in den meisten Fällen hervorragend über das Thema Ernährung aufgeklärt und hätten ein ausgeprägtes Bewusstsein um die Risiken, die sie gegebenenfalls tragen. Auch in anderen Belangen schneiden vegan lebende Menschen oft überdurchschnittlich ab: Sie treiben im Mittel mehr Sport und weisen eine höhere Bildung auf als der Durchschnitt.
Außerdem sorgen viele Veganer den Studienergebnissen nach aktiv einem Mangel an Nährstoffen vor, das gilt auch während der Schwangerschaft oder wenn es um die Ernährung des Nachwuchses geht. Häufig lassen Veganer beim Arzt oder Heilpraktiker Blutbilder erstellen, um einen Eindruck über ihre Nährstoffsituation zu erhalten.
Gesundheit im veganen Alltag: Praktische Tipps gegen Nährstoffmangel
Grundsätzlich haben Veganer laut verschiedener wissenschaftlicher Quellen die Möglichkeit, sich vollwertig zu ernähren und den Nährstoffbedarf ihres Körpers vollständig zu decken. Allerdings müssen sie dabei einige Dinge beachten und eventuell ihre Ernährung streng planen. Wichtig ist es dabei, alle kritischen Nährstoffe im Blick zu haben und eventuell pflanzliche Lebensmittel vorzuziehen, die diese Nährstoffe in höherer Konzentration enthalten. Hierbei kann eine Beratung durch einen Experten wie einen Arzt, Heilpraktiker, Ökotrophologen oder darauf spezialisierte Apotheker hilfreich sein.
„Den Überblick über alle nötigen Nährstoffe zu behalten, ist ohne Hilfe von außen nicht einfach und gerade beim Einstieg in den Veganismus für viele eine Herausforderung“, so Farid Zitoun, Institutsleiter des Naturheilzentrum Bottrop (kurz: nabo). „Als Heilpraktiker unterstützen wir täglich Patienten in der Praxis, wenn es um gesunde Ernährung geht, durch eine gute, aber vor allem individuelle Planung. Dies gilt übrigens nicht nur für Veganer, sondern für die unterschiedlichen Ernährungsformen.“
In einigen Fällen kommen Veganer dabei eventuell nicht um die Supplementierung, also die zusätzliche Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit gewissen Nährstoffen, herum. Das gilt insbesondere für Vitamin B12, das ansonsten fast ausschließlich aus tierischen Quellen aufgenommen werden kann.
„Wir raten vielen unserer veganen Patienten zur Einnahme von B12-Präparaten, vor allem während der Schwangerschaft“, so Zitoun weiter. „In jedem Fall sollte man vor der Supplementierung von Nährstoffen jedoch ein Blutbild anlegen, um einen Überblick über die Nährstoffsituation zu erhalten.“
Mehr konkrete Tipps für ein gesundes Leben als Veganer gibt es im neuen #nabomade-Video, in dem Farid Zitoun mit seinem Kollegen Christian Rüger über das Thema spricht: „Vegan? Oh nein! – Warum Veganismus so sehr spaltet“